Das geflashte Modul
27.11.2013

Das geflashte ModulInformatikschüler wollen Leben retten

Irgendwo da draußen in der Stadt irrt ein Mensch herum. Das Problem: Er weiß nicht, dass er irrt, und die Angehörigen wissen nicht, wo sie suchen sollen. Es ist ein Demenzkranker, einer von 1,4 Millionen in Deutschland. Tendenz steigend. Wenn es nach Jonas, Lucas und Maximilian geht, könnte diesen Menschen bald geholfen werden. Die drei Informatikprofilschüler am Gymnasium Rahlstedt entwickeln gerade ein Gerät, das per SMS aktiviert werden kann und dann eine genaue Ortung per GPS ermöglicht. Eine Art Notrufknopf für Angehörige und Pfleger.

ATOP-Modul

Dabei hatten die drei Jungs wohl alles andere als schrumpfende Hirnzellen im Sinn, als ihnen NXP-Informatiker Rolf Gebauer das ATOP-Modul vorstellte. ATOP steht für „Automotive Telematics On Board Unit Platform“ und ist die Technologie des Halbleiterproduzenten für automatische Notrufe aus dem PKW, sogenannte eCalls. Eine Anwendung der Programmiersprache Java, in die das Rahlstedter Oberstufenprofil „Technik im Fokus“ im ersten Semester einführt – und so ganz nach dem Geschmack von Jonas: „Man kann daran sowohl eine Telefonantenne als auch eine GPS-Antenne anschließen; dazu Lautsprecher, Mikrophon und SIM-Karte einsetzen. Und das ist der E-Call-Button, der zeitgleich mit dem Airbag ausgelöst wird“, zählt der 18-Jährige die Vorzüge des Moduls auf.

Flasher vom Fach

Ein Modul ist eine Ansammlung mehrerer Chips auf einer Platine, wie Jonas fachmännisch hinzufügt. Zehn dieser Module hatte NXP an die Schule geliefert. Aber die Programmierung, die bei Rolf Gebauer kinderleicht aussah, erwies sich im Seminar als harte Nuss: „Ohne Anleitung kamen wir da im Unterricht nicht weiter“, resümiert Informatiklehrer Gerd Püttjer. „Das fing schon mit elementaren Schwierigkeiten an.“ Das Modul musste im ersten Schritt „geflasht“ werden, das heißt, eine grundlegende Software darauf gespielt werden. „Es ist ein stetiges Experimentieren und man muss dafür tiefer in die Materie einsteigen“, so Püttjer.

Markt der Möglichkeiten

Der Oberstufenkoordinator will seine Anlaufschwierigkeiten gemeinsam mit den Schülern zu Papier bringen und empfiehlt, anderen Schulen nur geflashte Module weiterzugeben. „Es ist kein so ganz großer Lernerfolg, wenn man es flashen kann.“ Jonas hat irgendwann einfach mal das Verbindungskabel umgedreht – und dann funktionierte es. Anschließend stand den Schülern ein riesiger Markt an Möglichkeiten offen: „Man könnte damit gestohlene Fahrräder oder entlaufene Haustiere einfangen“, so Lucas. Entschieden haben sich die drei aber für den Suchmodus für Demenzkranke. „Das hat ja auch einen gesellschaftlichen Bezug“, betont Jonas.

Jung und forsch

Inzwischen hat das ATOP-Schülerteam schon eine Datenbank programmiert, die gesendete Positionen speichert und auf einer Karte wiedergibt. „Da das Gerät nicht dauerhaft aktiviert ist, der Kontoinhaber einverstanden sein muss und wir die Daten verschlüsseln, ist auch der Datenschutz gesichert“, sagt Maximilian. Um den Senioren das etwas sperrige Modul um den Hals zu hängen, haben die Schüler eine Gehäuse mit einem 3D-Drucker angefertigt. „Wir haben Stunden daran gesessen, um das passgenau hinzukriegen“, so Lucas. Lehrer und NXP-Informatiker sind schon von dem Konzept überzeugt. Fehlt nur noch die Bewerbung bei „Jugend forscht“ und die Umsetzung neben dem Abitur. Keine kleine Hürde, aber eine, die motiviert.

Alt und vergesslich

„Sowohl die Programmierung der App, Java, als auch das 3D-Drucken interessieren mich einfach“, erklärt Jonas, warum er an dem Projekt dran geblieben ist. „Wir hatten ja auch schon so viel investiert, dann will man irgendwann den Erfolg sehen“, ergänzt Maximilian. Für Jonas war es vor allem die Technik selbst, die faszinierte: „Das ist ein super tolles Gerät, das wir zum Laufen gebracht haben, es hat mit Informatik zu tun und auch noch einen Sinn.“ Im nächsten Schritt wollen die drei Jungs ein Hamburger Pflegeheim besuchen und ihr Projekt vorstellen. Lernen fürs Leben und Leben retten. Alles in einem Modul.

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