Es ist ein Riesen-Schatz: Ideen, Fragen, Anregungen, aber auch Kontroversen, wie Bildung im allgemeinen und Schule konkret in einer digitalisierten Welt aussehen sollte, was die Initiative NAT dazu beitragen kann und worin die Rolle ihres Zukunftsrates besteht. Zusammengetragen wird er von 25 Teilnehmern aus Schule, Wissenschaft und Unternehmen, die sich zum zweiten Mal als NAT Zukunftsrat in der Körber-Stiftung getroffen haben. Und Tina Nispel darf ihn heben: Die Illustratorin hat sich auf das Live-Zeichnen spezialisiert. Überall wo viel geredet wird, hält sie fest und veranschaulicht: Die neu eingestellte NAT-Mathematikerin etwa oder Schüler, die ihren Lernprozess selbst in die Hand nehmen. Das Bild, das dabei entsteht, ist der zweite Teil eines Triptychons, das Sabine Fernau geplant hat. Eine Art analoges Recording in digitalen Zeiten.
An Schule glauben
Als die NAT Geschäftsführerin vor einem Jahr erkannte, dass sich die Initiative nicht länger den Themen Digitalisierung und Zukunftstechnologien verschließen dürfte, hatte sie noch keine Ahnung, wohin die Reise gehen könnte. Ein Jahr später hat Fernau neue Partner, Programme und die Digitalisierung der NAT-Arbeitsprozesse auf den Weg gebracht. Ihr Vorpreschen hat auch mit ihrem Zukunftsrat zu tun: „Impulse und Feedback aus meinem Netzwerk treiben mich an. Nur dadurch entstehen Ideen, die leben und gut nutzbar sind.“ Ein Impulsgeber auf der zweiten Zukunftsrat-Sitzung ist Sönke Knutzen, Vizepräsident für Lehre an der TUHH, der das „Digital.learning.lab“ mitinitiiert hat. Die neue Plattform geht der Frage nach, welchen Unterricht wir für den Weg in eine digitalisierte Lebens- und Arbeitswelt benötigen.
Vom Silicon Valley lernen
„Wenn wir nichts tun, haben wir ein Problem“, sagt der Professor. Denn egal, ob wir von Substitution (Wegfall von 40 Prozent der Arbeitsplätze), Trennung (gut bezahlte, schlecht bezahlte Jobs und Roboter in der Mitte) oder Upgrading (Chancen durch permanentes Lernen) ausgehen, wir müssen uns vorbereiten. Wie Schule das tun kann, hat Michael Koops als Schulleiter im Silicon Valley erlebt. „No more Blackboards“ hat Koops seinen Impulsvortrag überschrieben. Wer aber glaube, es genüge die Kreidetafel durch selbst mitgebrachte elektronische Geräte zu ersetzen, folge einer Schnapsidee: „Wenn völlig unterschiedliche Geräte im Raum sind, verliert man nur Zeit.“ Stattdessen brauche man einheitliche Standards, ein stabiles Netz und neue Inneneinrichtungen: „Man kann schlecht andere Lernsituationen herstellen, wenn das Mobiliar so fest steht wie ein Klotz.“
Mit Scrum arbeiten
Wer zwei Jahre im Silicon Valley gearbeitet hat, weiß aber auch: „Die Zukunft ist längst da, sie ist nur noch ungleich verteilt.“ Um sie in die Schule zu holen, müssten zeitgemäße Arbeitsmethoden her, fordert etwa Götz Anspach von Broecker, Manager bei Airbus in Bremen. „Softwareentwickler und gut vernetzte Unternehmen arbeiten heute Scrum, mit agilen Projektmethoden, das sollten auch Lehrer und Schüler lernen.“ Scrum ist ein Begriff aus dem Rugby und steht für das Gedränge um den Ball. Übertragen auf die NAT Welt bedeutet er: Loslegen, wenn auch bisweilen in kleinen Schritten und mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, aber gemeinsam.
Die Zielgruppe einbinden
„Total gut“, findet es Sönke Knutzen, „wenn Schüler und Schülerinnen dabei viel stärker eingebunden werden.“ Der Professor hat sich gerade mit zwei Sankt-Ansgar-Schülern ausgetauscht. „Mia und Tristan müssen noch 40 Jahre arbeiten und würden dafür gern vernünftig ausgebildet werden.“ Die beiden Schüler sind bereit, Lehrer bei digitalen Techniken zu unterstützen. IT-Service statt Tafeldienst sozusagen. Vor allem aber wollen sie selbst gestalten – „statt den Prozess nur zu erdulden“, resümiert Knutzen. Und wo sollte das besser gehen als bei der NAT, findet Johannes Ebert aus der Wirtschaftsbehörde. „Sie sind als Initiative unverdächtig“, wendet sich Ebert an die NAT Geschäftsführerin, „Sie sind agil und bringen ständig neue Projekte auf die Schiene.“ Etwa eine neue Schüler-Lehrertagung plus Scrum-Schulung, überlegt Sabine Fernau. Weiter so, meint ihr Zukunftsrat.