MintgemischtBlick hinter die Fassade und in die Kessel der Rudolf Dankwardt GmbH
Bisweilen sind die Dinge groß, die sich hinter unscheinbaren Fassaden abspielen. Emilias Vater zumindest hatte lange Zeit gerätselt, was der gelbe Klinkerbau auf dem Nachbargrundstück seines Arbeitgebers wohl beherbergt. Bis seine Tochter an ihrem vierten mint:pink Programmtag die Lösung präsentierte: Da hatte die Rudolf Dankwardt GmbH zehn Norderstedter mint:pink Mädchen zu einem Rundgang durch die Herstellung und Labore eingeladen. Die Neuntklässlerinnen durften aber auch ihr eigenes Deo und Haarspray kreieren, in der Analytik lernen, wie und wozu Dichte und pH-Wert gemessen werden und einen Blick in einen Mischkessel werfen, der zehn Tonnen Shampoo, Hautcreme oder Gesichtsmaskenpaste fasst. Das Fazit der Coppernicus-Gymnasiastinnen: Es lohnt sich, genauer hinter die Fassade zu schauen. Auch beim Kauf teurer Produkte, die mit Diamantpartikeln werben, beispielsweise.
Szene 1: In der Tüftelküche
Ein Deo, das nicht gut riecht, ist keines. Da sind sich Lisa und Antonina einig. Die Mädchen schnuppern an Düften, die sich großspurig „Color your life“ oder „Sweet Holidays“ nennen. Bei „Fierceness“ schüttelt Lisa den Kopf: „Das ist Männerzeugs“, murmelt sie. Die 14-Jährige will das selbstgemachte Deo ja am Ende auch am eigenen Körper riechen mögen. Auch Antonina hat den Eigenbedarf im Sinn, als sie zur Hautpflege doppelt so viel Bisabolol wie Panthenol in ihre Aluminiumdose gibt. „Ich habe sehr trockene Haut“, erklärt die 13-Jährige, die aufmerksam zugehört hat, als Chemielaborant Timo Rückriem das Kamillenextrakt gegen gereizte Haut vorstellte. Wobei doppelte Menge nach viel mehr klingt, als es bei 0,2 Gramm sind: Ein wirksames Deo besteht zu 90 Prozent aus Alkohol, den Rest machen Parfümöle, Hautpflegemittel, Konservierungsstoffe und Feuchtigkeitsspender aus, lernen die Mädchen.
Szene 2: Im Gespräch mit Insidern
Wohlgemerkt: Das gilt für den Wirkstoff. Ihre 75 Milliliter-Dosen füllen die Mädchen nur zu einem Drittel auf, den meisten Raum nimmt später das Flüssiggas ein, erklärt Rückriem. Also lieber schäumende oder rollende als sprühende Produkte kaufen, schlussfolgern die Mädchen, da hat man mehr davon. Und sich nicht von großen Namen und Werbeversprechen in die Irre führen lassen: „Die Preisunterschiede sind zu 90 Prozent Marketing“, sagt Rückriem. Er und seine Kollegin Tanja Blum haben auch schon Kohle und Diamantenpulver verarbeitet, letzteres in winzigen Mengen. „In der Tüftelküche Muster machen“, nennen sie es, wenn sie Rezepturen verbessern oder Produktionsfolgen austauschen. Die Herausforderung besteht darin, dies anschließend in den großen Maßstab zu übertragen. „Wie können wir die gleiche Performance bei zehntausend Kilo erreichen?“, laute die Kernfrage, so Blum.
Szene 3: Im großen Maßstab
Beim Werkrundgang wird deutlich, was die promovierte Chemikerin meint: Die Mädchen stehen vor riesigen Lagerregalen – wie bei Ikea, nur gefüllt mit Chemie statt Billy Bausätzen. Weiter geht es in die Verwiegung, dann ins „Mixing“: An Kesseln, in die man nur per Leiter schauen kann, steuern Chemikanten und Operatoren die Pump- und Rührgeschwindigkeiten. „Wir haben wenig automatisiert, weil wir zu viele Produkte fahren“, erklärt Blum. Genauer sind es 600 verschiedene Rezepturen, die regelmäßig produziert werden. Mit Namen, die allerdings die Räumlichkeiten des Unternehmens nicht verlassen dürfen. Nur so viel: Es sind bekannte Marken, die Emilias Vater bestimmt nicht hinter dem bescheidenen Klinkerbau aus den 60iger Jahren vermutet hätte. „Jetzt kann ich meine Eltern tatsächlich aufklären“, freut sich die 14-Jährige.