Praxis bis zum SchlussRahlstedter Abiturienten präsentieren bei NXP
Gregor ist mal wieder weg. Obwohl es weder den verhassten Haferbrei gibt, noch Abend ist, wo Gregors Bewegungsdrang gewöhnlich zulegt. Es ist Montagmittag und viele NXP-Mitarbeiter kommen in der Mittagspause in den Präsentationsraum neben der Kantine. Dort treffen sie zumindest virtuell auf Gregor: Seine Geokoordinaten auf einer Leinwand verraten, dass er sich längst aus Eimsbüttel Richtung Bramfeld verabschiedet hat. „Was kann der Pfleger jetzt tun?“, möchte Jörg-Michael Schneider wissen. Der promovierte Manager verantwortet das Marketing für den Bereich Automotive bei NXP. Ein Bereich, der das Telematikmodul ATOP mitentwickelt hat, das Rahlstedter Abiturienten für die professionelle Suche nach Demenzpatienten einsetzen wollen.
Machen, was hilft
„Der Pfleger meldet sich mit seinen Kennungsdaten an und aktiviert dann über einen SMS-Service das Modul, das Gregor bei sich trägt“, erläutert Maximilian. Anschließend würden Gregors Präsentationsdaten versendet. „Das Ganze geht dann auch über den Server an die Webseite und wird eingezeichnet.“ Latitude, Longitude und Gregors Foto – und jede Pflegekraft der betreuenden Einrichtung weiß, wo sie suchen muss. Schneider nickt. „Das hilft den Menschen, das finde ich gut.“ Der Marketingmanager kennt das ATOP-Modul gut genug, um sofort zu verstehen, wie viel Arbeit Jonas, Lucas und Maximilian in ihre Idee gesteckt haben. „Das Modul ist anspruchsvoll. Dass Schüler das so hinbekommen, ist eine tolle Leistung.“
Turbopraxis vor dem Abi
Es ist der letzte Schultag für Hamburgs Abiturienten. Ein Tag des Frühstückens und Loslassens. Ein Tag des Übergangs ins Berufsleben. Jedenfalls für die Informatikprofilschüler vom Gymnasium Rahlstedt. Sie erklären Mitarbeitern des Halbleiterherstellers NXP, was sie mit den bereit gestellten Unternehmensbausätzen und der Hardware angefangen haben und präsentieren auch gleich ein paar Modelle. Beispielsweise ein Roboterauto aus mehreren Sensoren und Motoren, das – geführt durch eine schwarze Linie – ein Kleeblatt entlangfährt, bis es bei der engsten Schwingung aus der Bahn gerät.
Gregor ist wieder da
„Die Kurve ist hier zu stark angewinkelt und der Roboter zu schnell. Daran müssen wir noch arbeiten“, sagt Gregor. Der Oberstufenschüler ist nämlich weder weggelaufen noch dement. Er hat für die Forschungsarbeit seiner Klassenkameraden lediglich Modell gestanden und führt nun Leonard, einem jungen NXP-Werkstudenten, der an der Technischen Universität Hamburg-Harburg Allgemeine Ingenieurwissenschaften mit dem Schwerpunkt Informatik studiert, die Ergebnisse aus dem Seminar vor: „Wir haben die Platine bekommen mit der kompletten Anleitung zum Löten und dann mit dem Programmieren begonnen“, erklärt er, als sei es das Selbstverständlichste von der Welt. „Okay“, kontert Leonard – ebenso cool. Er ist nur drei Jahre älter und hat in seiner Schulzeit am Gymnasium Grootmoor ähnliche Erfahrungen gemacht. „Das war für mich der Einstieg, warum ich Informatik im Studium gewählt habe“, sagt er.
Berufsentscheidend
Die Abiturienten stellen ihre Arbeiten Geschäftsführern wie Auszubildenden gleichermaßen vor. „Wir zielen hier nicht so auf die Motoren und Sensoren, sondern haben den Prozessor genutzt, um Koordinaten zu zeichnen und Töne zu erzeugen“, sagt Marvin und führt Leonard ein Keyboard-Programm vor. „Mit welcher Sprache habt ihr das programmiert?“, will der angehende Bachelor wissen. Es handele sich um ein Basic-Betriebssystem, das auf den Prozessor bezogen sei: „Das wird nicht am Computer angeschlossen und man muss sich auf wenige Zeilen beschränken“, betont Marvin.
Die Physik dahinter
Der Abiturient weiß schon ziemlich genau, was er will. Sich im Abi in Physik prüfen lassen. „Dadurch hatte ich in Informatik genügend Zeit für Spielereien“, sagt er. Anschließend Informations- und Elektrotechnik an der HAW Hamburg studieren. Das ist auch ein wenig der Verdienst von NXP-Elektrotechniker Detlef Dwenger, der den Schülern die Bausätze, das Löten und die Hardware erklärt. „Elektronik funktioniert nicht von alleine, man muss die Physik dahinter verstehen“, sagt er. Wer die Hardware einmal begriffen habe, könne sie ganz schnell erweitern. Etwa zu einem Musikprogramm, wie Marvin es getan hat. Und wer mehr mit der Software will, nehme das ATOP-Modul.
„Bleibt dran“
Ein bisschen ist es für Jonas, Lucas und Maximilian wie ein Heimspiel. Ingenieure, Manager wie Studenten bewundern ihre Arbeit: „Die Schüler haben ganz eigenständig mit dem System gearbeitet und das läuft“, lobt Ingenieur Dirk Reimer. Das ist Balsam für die Seele: „Im Landeswettbewerb von ‚Jugend forscht‘ wollten sie leider nicht, dass wir weiterkommen“, sagt Jonas ein wenig bitter. Aber es geht dennoch weiter. Gemeinsam: Informatiker Ralf Gebauer vereinbart gleich einen Termin mit den Schülern. Nach dem Abitur wollen sie die Laufzeit der Akkus verbessern. „Bleibt dran“, gibt Gebauer den Schülern noch mit auf den Weg. Und das bezieht sich nicht nur auf die Prüfungen.