
Aus Alt mach Alumint:pink geht dem Metall Aluminium bei Speira auf den Grund
Noch ist der Barren mit der Legierung AlMg2,5 ein unhandlicher Koloss: 510 Grad heiß, 12 Tonnen schwer. Unvorstellbar, wie daraus medizinische Döschen für Asthmasprays werden sollen. Aber das ist auch erst das Endprodukt, das im Sauerland gefertigt wird. In Hamburg im Aluminium Walz- und Recyclingunternehmen Speira wird aus dem Barren eine industriell nutzbare Form. Und das hat viel zu tun mit Walzer Jan Peters, der im Leitstand virtuos Pedalen, Joysticks und jede Menge Knöpfe bedient, ohne dabei die Monitore mit technischen Daten und Livebildern aus dem Blick zu verlieren. Vor seiner Fensterfront auf dem Band donnert ein Barren vorbei, gerät zwischen zwei Walzen und wird dabei mit einer Emulsion geschmiert, gekühlt und gereinigt. Es zischt und dampft, der Klotz verschwindet aus dem Sichtfeld und kommt wieder zurück – jetzt wesentlich länger und schlanker. „Wir walzen hier hin und her, das nennt man reversierendes Walzgerüst“, erklärt Ingenieur Timo Weihberger seinen jungen Besucherinnen.
Die dünnste Beschichtung
13 Sankt-Ansgar-Schülerinnen haben an diesem Morgen den Weg ins Werk gefunden. „Ich möchte etwas Neues entdecken und hinter Alltagsgegenstände blicken: Wie entsteht eigentlich Alufolie“, fragt Julia noch auf der Fahrt von Altona ins Werk. Schon im Theorieteil der Exkursion lernt die mint:pink Teilnehmerin, dass jede Tetra Pak Milchverpackung eine Aluminiumschicht enthält, die achtmal dünner ist als das menschliche Haar. Auf dem Schrottplatz schaut die 14-Jährige auf blinkende Alubänder, zu bunten Blöcken gepresste Getränkedosen oder Abfälle, die noch vor sich hin dampfen, weil sie geradewegs aus der Produktion kommen. „Wir kaufen jedes Jahr 50.000 Tonnen Schrott ein“, sagt Timo Weihberger. Julia hat aufmerksam zugehört: „Aber Sie verkaufen doch jährlich dreimal so viel und produzieren selbst kein Aluminium, wie passt das zusammen?“
Der wichtigste Mann an der Walze
Der Maschinenbauer greift die Frage dankbar auf, schließlich sagt seine Antwort schon viel über das begehrte Leichtmetall aus: Erstens wird je nach Kundenanforderung häufig ein sehr hoher Anteil Primäraluminium hinzugefügt, den Speira in flüssiger Form direkt aus dem benachbarten Werk von Trimet bezieht. Zweitens geht es bei den gewünschten Legierungen auch um kleine Anteile anderer Metalle, im Fall der Asthmaspraydosen etwa 2,5 Prozent Magnesium, daher die Formel AlMg2,5. Drittens fallen bei der Barrenproduktion immer Abfälle an, egal, wie akkurat gearbeitet wird: Walzer Jan Peters schneidet Kanten sauber, Enden ab und kontrolliert bis zum Schluss, ob das Band richtig aufliegt und nicht beim Aufwickeln unter Spannung zu reißen droht. „Das ist die einzige Person, die eingreifen kann, wenn etwas schiefgeht“, betont Ingenieur Weihberger.
Der coolste Moment
Dass hier einer allein so eine riesengroße Anlage steuert, beeindruckt die Mädchen: „Ich fand es spannend, wie dort alle möglichen Hebel und Pedale parallel bewegt wurden“, sagt Angelina auf dem Rückweg zum Bus. Mit dem Walzer tauschen möchte die 15-Jährige dennoch nicht: „Ich kann nicht lange stillsitzen und möchte, was mit Menschen machen“, sagt sie. Ob in der Medizin oder im Labor – das Programm mint:pink will für mehr Klarheit sorgen. Auf jeden Fall hat es gleich bei der ersten Exkursion für völlig neue Eindrücke gesorgt: „Das Walzen war cool“, findet Hermine. Dass in wenigen Minuten von 5 Meter Länge auf knapp 300 Meter gewalzt werden kann, lässt kein Mädchen kalt. Und Mitschülerin Julia ergänzt: „Es war alles deutlich größer, als ich dachte.“ Auch wenn nicht alle Zahlen und Fakten im Detail im Gedächtnis bleiben, so werden es mit Sicherheit die Gerüche, Wärme, die beeindruckenden Dimensionen sein, die mint:pink bei Speira erleben konnte.