Facettenreichkk24 mit Einblicken in Mikropaläontologie und Klimakommunikation
Große Zeitsprünge sind für Gerhard Schmiedl kein Problem. Zunächst mal geht es „nur“ 20.000 Jahre zurück zu einem Eisschild in der nördlichen Hemisphäre, das bis nach Bad Segeberg reichte und einem 130 Meter niedrigeren Meeresspiegel, der den Fußweg bis nach England über die trockene Nordsee freilegte. „Ist schon cool, oder?“, fragt der Professor der Uni Hamburg launig und setzt zum nächsten Zeitsprung an: Vor 50 Millionen Jahren war die Weltkarte nahezu eisfrei und der Meeresspiegel 70 Meter höher als heute. „Das ist etwa auch das, was kommen wird, wenn Grönland und die Antarktis komplett abschmelzen, dann wird es echt feucht hier“, sagt der Geologe lakonisch. Um vergangene Klimaveränderungen zu rekonstruieren, greift er auf das „Archiv Meeresboden“ und Stellvertreterdaten, sogenannte Proxies in Tiefseesedimenten zurück.
Vom Kalkschlamm der Tiefsee lernen
„Es ist alles gekoppelt“, so Gerhard Schmiedl. Ändert sich das Klima, leben andere Arten im Wasser und hinterlassen nach ihrem Ableben andere Spuren im Sediment. Daher reicht dem Professor eine kleine Probe Schlamm, die er wäscht, trocknet und auf Mikroorganismen untersucht. Wie aus einem Kalkgehäuse eines früheren Einzellers die Eisdecke auf dem Festland bestimmt werden kann, hat mit Chemie und dem Fachgebiet zu tun, für das der Mikropaläontologe steht. Ein langes Wort, über das er tage-, ja wochenlang sprechen könnte. Aber die enge Taktung eines Schülerklimakongresses sieht nun einmal nur einen Vortrag in maximal Schulstundenlänge vor und Zeit für Fragen. Sie reichen von der Größe des Schwerelots an Bord und den spannendsten Exkursion bis in die Zukunft.
Wieder ins Lot bringen
Aktuell untersucht Professor Schmiedl, wie lange Ökosysteme im Mittelmeer benötigen, um sich von einer sauerstoffarmen Phase zu erholen: „Es dauert 10.000 Jahre!“ Solche langen Zeithorizonte passen nicht zum galoppierenden, menschengemachten Klimawandel. „Wir leben in einer vereisten Welt, aber gehen in ein Treibhausklima“, sagt der Geologe. Mit Menschen darüber ins Gespräch zu kommen, die genau diese neue Dimension leugnen, ist Ziel des Projekts „Klima Act“ an der HAW Hamburg. Es zeigt einen Schrebergarten im Hamburger Hafen virtuell und dreidimensional, den man sinnlich erleben kann und der vom Extremregen geflutet wird – und nicht mehr zu retten ist. „Wir haben eine smarte Weste entwickelt, die mit dem Programm verbunden ist. Wenn es anfängt zu regnen, dann spürt ihr den Regen auf den Schultern“, erklärt Projektmanager Sven Kannenberg seinen jungen Workshop-Gästen.
Tiefer ins Klimaarchiv eintauchen
Felix würde das gern selbst mal ausprobieren. Der Physikprofilschüler besucht normalerweise das Melanchton-Gymnasium in Berlin. Dass seine Studienfahrt nach Hamburg führte, hat mit DESY, Uni, TU – und dem kk24 zu tun. „Es war gut organisiert, die Vorträge waren sehr verständlich, es hat mir gefallen“, resümiert Mitabiturient Jaron in der Schlange vorm Grillstand. Ronja fühlt sich auch ohne Wurst beim Abschluss „Meet & Grill“ satt. „Es war unglaublich interessant, es hat mich sehr viel weiter gebracht“, sagt die ehemalige mint:pink Teilnehmerin. Ihr Highlight sei das „Klimaarchiv Meeresboden“ gewesen. „Ich hoffe, dass die Verbindung aus Geologie, Chemie und auch ein wenig Archäologie eine Rolle in meinem späteren Leben spielen wird“, sagt sie fast schon pathetisch. Einen Anker in die Tiefseeforschung hat die Rahlstedterin bereits im Gepäck: Professor Schmiedl hat Ronja in seine Vorlesung eingeladen.
Weitere Eindrücke und Bilder vom Klimakongress kk24 und im Bericht Face Climate Change