Special in OrangeHAW Hamburg öffnet seine Labore für den mint:pink Sommer
Es ist ein wenig wie der Wettkampf Mensch gegen Maschine: Auf einem Labortisch schneiden Schülerinnen Schalen ausgepresster Orangen von Hand in kleine Stücke. Sie treten damit an gegen das „Nicer Dicer“-Team am Labortisch gegenüber. Es besteht aus Alex und Jana sowie einem Gemüseschneider, von dem niemand so genau weiß, wie er es ins Labor der HAW Hamburg am Standort Bergedorf geschafft hat. Auf jeden Fall haut der Werbeslogan vom „präzisen Schnitt ohne Kraftaufwand“ nicht hin. Nicht bei Orangen, die sich im spanischen Sommer eine dicke Schale zugelegt haben: Alex muss die zerquetschten Reste immer wieder aus dem Messeraufsatz herausklauben, justieren, um den Deckel dann erneut kraftvoll zu verschließen. „Das erinnert mich an Wiederbelebung“, sagt sie. Laborleiterin Anika Sievers hat gerade mit viel „Schmackes“ ein Orangenschalenviertel durch den Aufsatz gejagt und nimmt den Gesprächsfaden auf: „Nicht nur im Medizinstudium ist Körpereinsatz gefragt“, sagt sie.
Auf ein Date mit der Verfahrenstechnik
Die Professorin für Thermische Verfahrenstechnik hat aufmerksam zugehört, als sich ihre jungen Gäste vorgestellt haben: Alex aus Norderstedt will in den medizinischen Bereich und da gehöre MINT einfach dazu. Ihre Teampartnerin Jana aus Bergedorf findet das Arbeiten im Labor spannend und freut sich auf das Tagesziel, Orangenöl herzustellen. Den meisten der Teilnehmerinnen aus dem aktuellen oder letzten mint:pink Durchgang geht es wie Ronja aus Rahlstedt: Sie wissen noch nicht, was sie nach der Schule machen wollen, können sich nicht so recht vorstellen, wie man Mathe als Ingenieurin anwendet, aber sind schon mal durch die Teilnahme am Mädchenförderprogramm mint:pink infiziert: „Ich fand das so cool, dass ich dachte, warum nicht mal einen Freiwilligentag machen“, so Ronja.
Stoffe der Zukunft
Vier Programmtage sind flugs vorbei und die angebotenen Exkursionen in Unternehmen und Forschungseinrichtungen nur ein kleiner Ausschnitt der beruflichen Optionen. Daher bietet mint:pink nun auch erstmalig zusätzliche Exkursionen für Interessierte über die Sommerpause an. Motto: „mint:pink meets…“ – ja, was denn eigentlich so genau? Verfahrenstechnik ist ein sperriger Begriff, kaum eine Schülerin kann sich darunter etwas vorstellen. „Ich musste erst herausfinden, dass es die Verfahrenstechnik gibt“, erzählt Frieda. Vor sechs Jahren war sie selbst noch Teilnehmerin im mint:pink-Programm. Heute ist sie Studentin der HAW Hamburg im fünften Semester und arbeitet mit in der Forschungsgruppe unter Professorin Sievers. Zur Frage, wie man Plastik umweltfreundlicher machen kann, beispielsweise. Klarer Fall von „mint:pink trifft Stoffe der Zukunft“.
Von Null auf Hundert
Aber es ist halt manchmal mühsam und aus sechs Kilo Orangen bekommt man zwar jede Menge Saft, den die Verfahrenstechnikerinnen der Zukunft in der Pause genießen, aber nur einen guten Tropfen reines Orangenöl. Als „Schleppmitteldestillation“ erklärt Anika Sievers den Aufbau aus Heizpilz, Glasapparaturen und Kühlung. Es gibt ihn in Varianten, einmal sollen die Mädchen die Orangenschalen in ein Steigrohr füllen, einmal bringen sie die Mischung aus Wasser und Schalen direkt zum Sieden. Das ist das Modell „Pampe im Sumpf“, für das sich Alex und Jana entschieden haben – eine gute Wahl: „Durch die hohe Temperatur lässt sich das Öl sehr gut aus den Zellwänden heraustrennen“, erklärt die Professorin. Was die Mädchen auch noch lernen: Den Versuchsaufbau niemals alleinlassen, weil sonst ein verstopfter Abfluss das Labor flutet, warum ein Liter reines Orangenöl ein kleines Vermögen kostet und die Verfahrenstechnik so gigantische Maschinen braucht. Was sie mitnehmen, hat Zukunft: „Ich finde Verfahrenstechnik total interessant“, sagt Ronja.