Dampf machenHAW-Professor Hans Schäfers gibt Antworten auf die Energiewende
Demo-Sticker im Rucksack und jede Menge klimabewegter Fragen im Kopf, so haben Noel und ihre Mitschüler die Metropolregion Hamburg am Morgen des #kk22 durchquert. Das Kürzel steht für den Schüler-Klimakongress am 22. September 22, der nun schon zum dritten Mal an der TUHH südlich der Elbe tagte. Für Jugendliche, die das Coppernicus-Gymnasium in Norderstedt besuchen ist das weit weg und doch ein selbstbestimmtes Ziel, wie Noel betont: „Allen, die Physik gewählt haben, wurde das Angebot gemacht und dann sind wir freiwillig gekommen.“ So wie die Zehntklässlerin auch die Zukunft selbst in die Hand nehmen und sich auf dem Kongress rüsten will für die Diskussion mit den Erwachsenen: „Ich brauche wissenschaftliche Hintergründe und Quellen, um auch gute Argumente liefern zu können“, sagt die 15-Jährige.
Der Generationenvertrag im Energiesektor
Somit sind die Erwartungen hoch und die 30 Minuten Redezeit knapp, als Hans Schäfers mit seinen „Antworten auf die Energiewende“ die Mittagssession im Audimax eröffnet. Aber für den HAW-Professor gehört das schnelle Tempo quasi zum Thema: „Für die Energiewendezukunft haben wir nicht viel Zeit“, sagt er. Kurz das Problem skizzieren: „Strom ist Energie im Durchmarsch – ich brauche exakt so viel davon, wie alle Stromverbraucher gerade anfordern“, so der Umwelttechniker. Dabei die Leistung von aktuell 132 Gigawatt nur aus erneuerbaren Energien hervorheben: „Meine Generation hat es geschafft, dass Photovoltaik und Windkraft als günstigste Art der Stromerzeugung zur Verfügung stehen“, sagt Schäfers und lässt den Blick über sein junges Auditorium schweifen. „Ihre Generation muss das jetzt fertigbekommen“, betont er.
Das neue Normal
Kunstpause. Dann wieder Tempo aufnehmen, Schäfers bleibt nicht viel Zeit, die Lösung zu skizzieren: Die Dekarbonisierung der Energie könne nur gelingen, wenn der Strommarkt mit den Sektoren Wärme, Industrie und Mobilität eng verflochten wird und der Gassektor als Bindeglied grün produzierten Wasserstoff aus Überschusszeiten zwischenspeichert. „Überschussstrom ist der neue Normalzustand“, sagt der Experte für Energieeffizienz. Weil Strom aus Windkraft oder Solar günstig ist, wir ihn ohne CO2-Emissionen produzieren und die anderen Sektoren damit antreiben können. So wie die Industrie schon aufmerksam geworden ist und nach viel mehr Wasserstoff fragt, weil das neue Energiesystem einen Wirkungsgrad von 80 Prozent hat. „Wissen Sie, wie der Wirkungsgrad unseres aktuellen Energieversorgungssystems ist“, fragt der Professor, um dann selbst die Antwort zu geben. „Nicht mal 40 Prozent!“ 60 Prozent gehe als Abwärme verloren, werde erst teuer bezahlt und dann weggeworfen. Noch Fragen?
Der Atem der Zukunft
Nur noch zehn Minuten bis zur Mittagspause. Die Finger schnellen hoch. Charlotte hätte gern die Folien des Professors, es gibt kritische Fragen nach ernsthaftem Wandel in der Industrie und deutschen Alleingängen, sowie weiterführende nach neuen Fusionskraftwerken auf Wasserstoffbasis und Methanisierung. Moderator Youssef drückt aufs Tempo: „Wir kommen zur letzten Frage“, sagt er und reicht das Mikro an die Norderstedter Gruppe weiter. Geschafft: Die Sticker können noch beworben, das Gegenargument der Eltern, aus Kostengründen nicht auf die Erneuerbaren umzusteigen, als Mythos entlarvt werden. Noel strahlt: „Ich bin sehr zufrieden“, sagt sie, „der zweite Vortrag jetzt hat auf den ersten zu Meeren als CO2-Speicher aufgebaut und ich habe sehr viel Neues gelernt.“ Vor allem habe ihr der Kongress wieder Mut und Hoffnung gegeben. „Die Lage scheint ja oft aussichtslos“, so Noel. Aber nicht beim #kk22 und sein Motto „Antworten auf den Klimawandel“.