September 2012 - Seit mittlerweile 2007 zeigt die Initiative NAT in Hamburg, wie man Jugendliche erfolgreich für Naturwissenschaft und Technik begeistert. NAT setzt vom ersten Tag an auf ein breites Bündnis aus Stiftungen, Hochschulen, Unternehmen und Schulen. Dass genau darin auch der zentrale Erfolgsfaktor der Initiative liegt, erläutern Geschäftsführerin Sabine Fernau und Dr. Lothar Dittmer, Vorstandsmitglied der Körber-Stiftung sowie Kuratoriumsvorsitzender der Initiative.
Vor zwölf Jahren ...
Frau Fernau, Sie sind Mitbegründerin von NAT. Welche Idee verfolgt die Initiative?
Unser Hauptanliegen ist es, junge Menschen für technische Fächer und Berufe zu begeistern. Das wollen wir erreichen, indem wir ihnen bereits in der Schule die praktische Seite von Physik, Informatik, Chemie oder auch Mathematik näher bringen. „Praktische Seite“ bedeutet ganz einfach, dass wir einen konkreten Anwendungsbezug herstellen. Und der findet sich natürlich in Wirtschaft und Forschung. Es sind also Hochschulen und Unternehmen, die gemeinsam mit uns und den Schulen daran arbeiten, naturwissenschaftlichen Unterricht praxisnäher und lebendiger zu gestalten.
Welchen Vorteil haben Unternehmen, die sich für NAT engagieren?
Sabine Fernau: Einer unserer Unternehmer hat mal gesagt „Ohne Input kein Output“. Das trifft es eigentlich auf den Punkt. Auch das „Tor zur Welt“ ist auf qualifizierten Nachwuchs angewiesen. Und wenn man sich die Hamburger Ergebnisse im nationalen Bildungsvergleich anschaut, dann ist klar, dass wir uns sogar etwas mehr engagieren müssen als andere. Das gilt für alle Unternehmen, ob groß oder klein.
Auch die kleineren, bisher weniger bekannten Unternehmen, können bei NaT ihre Kompetenzen zeigen. Dabei ist die Kooperation mit einer Schule unternehmerisch zwar eine langfristige Investition, sie zahlt sich aber für die Mitarbeiter und Jugendlichen sofort aus. Die einen geben ihr Wissen weiter, was motivierend und wertschätzend zugleich ist. Die anderen gewinnen fachliches Interesse und bestenfalls eine persönliche Bindung an das Unternehmen, so dass sie nach dem Studium vielleicht dahin zurückkehren.
Herr Dr. Dittmer, warum engagiert sich die Körber-Stiftung für eine Initiative wie NaT?
Lothar Dittmer: Stiftung und Initiative sind 2008 erstmals aufeinandergetroffen. Wir, vonseiten der Stiftung, waren sofort von der NaT-Idee überzeugt. Das hat sehr konkrete Gründe: Die Initiative schafft eine Qualität und Nachhaltigkeit, die vielen Modellprojekten fehlt. Das gelingt ihr zum einen dadurch, dass die Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen langfristig angebahnt werden. Dann sind alle praxisorientierten Themen aus Naturwissenschaft & Technik curricular eingebunden und sowohl Unternehmen als auch Schulen werden sehr professionell beraten und begleitet.
Für uns ist NAT damit ein hervorragendes Instrument zur Nachwuchsförderung in den MINT-Fächern. Und diese Förderung ist auch mehr als notwendig. Denn egal welche Zahlen wir heranziehen, es fehlt an Nachwuchs in den Schulen, an den Hochschulen und ganz besonders in den Unternehmen.
Uns hat aber auch die didaktische Idee überzeugt, die der Initiative NaT zugrunde liegt. Fächer wie Mathematik, Physik oder Informatik kommen in der Schule vergleichsweise abstrakt und praxisfern daher. Erleben die Schüler nun im Berufsalltag, wo all diese Dinge ihre Anwendung finden, dann werden Rechenformeln lebendig und bekommen chemische Verbindungen eine Gestalt. Und mehr noch: Die Schüler erfahren hautnah, welche Bedeutung die naturwissenschaftlichen Disziplinen in unserem Leben haben. Das stiftet Sinn, das motiviert und das weckt Interesse.
Welche Rolle spielt die Körber-Stiftung bei NAT?
Lothar Dittmer: Als Stiftung haben wir gewissermaßen die Position einer „neutralen Schweiz“. Das spielt besonders in der Kooperation der Initiative mit den Hamburger Hochschulen eine Rolle. Sie sind das Bindeglied in der Bildungskette zwischen Schule und Unternehmen, und damit entscheidend an der MINT-Ausbildung beteiligt. Wenn sie nun fünf Hochschulen für eine gemeinsame Initiative gewinnen wollen, ist das schon schwierig genug. Schließlich konkurrieren die Hochschulen auf dem akademischen Nachwuchsmarkt um die Studierenden. Da erleichtert es die Arbeit, wenn Sie – wie eben wir als unabhängige Stiftung – keiner dieser Einrichtungen gegenüber besonders verpflichtet sind.
Sabine Fernau: Man muss dazu sagen, dass sich die Körber Stiftung von Anfang an dafür stark gemacht hat, die Hamburger Hochschulen strukturell und operativ mit einzubinden. Also gleichermaßen als Träger wie auch als Kooperationspartner der NAT-Schulprojekte. Dafür hat die Stiftung alle fünf Hamburger Hochschulen, in denen die MINT-Ausbildung eine Rolle spielt, an einen Tisch geholt. Und sie hat alle diese Hochschulen davon überzeugt, dass es wichtig ist, sich nachhaltig bei NAT zu engagieren.
Mit Blick auf die Zukunft
Welche Erwartungen, welche Wünsche haben Sie an bzw. für NAT?
Lothar Dittmer: Ich erwarte mir, dass Schule, Hochschule, Wirtschaft und Politik die Nachwuchsförderung noch stärker als gemeinsame Aufgabe begreifen. Ziel muss es sein, eine Public Private Partnership zu entwickeln, an der möglichst viele beteiligt sind. Dazu gehört genauso die öffentliche Hand wie auch weitere Stifter und Sponsoren. Wobei jedem bewusst sein muss, dass wir hier auf lange Sicht investieren. Mit Bildung ist kein schnelles Geschäft zu machen. Ich hoffe schließlich, dass NaT ein vorbildhaftes Modell für andere Regionen ist und sich auch in andere Bundesländer und Metropolen übertragen lässt. Wir sind in Hamburg ja nicht die Einzigen, die Nachwuchs suchen.
Sabine Fernau: Meine einfachste, aber auch größte Erwartung an NaT ist, dass wir dem Themenfeld Naturwissenschaft & Technik mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit und Bedeutung geben. Damit erhöhen wir nicht nur den Stellenwert der MINT-Fächer in den Schulen. Wir fördern auch die Motivation der Schüler und Lehrer. Sie bekommen mehr Spaß am Unterricht und entwickeln eigenes Engagement. Genau das ist der Motor von NaT. Und wenn ich ein konkretes Ziel formulieren sollte, dann sind es zum Beispiel bessere Plätze in den bundesweiten Vergleichsstudien zur MINT-Förderung und MINT-Kompetenz. Vielleicht heißt es ja irgendwann einmal: „Das Beste am Norden, das ist die Physik.“