Nobelpreis für Hamburger PhysikerÜber den Klimaphysiker und Nobelpreisträger Klaus Hasselmann
Keine Panik verbreiten, nur endlich Klarheit über das gemeinsame Ziel schaffen, das will Klaus Hasselmann schon lange. „Wir müssen jetzt anfangen gegenzusteuern“, so der Klimaforscher. „Jetzt“ war 1995 anlässlich der ersten Weltklimakonferenz und schon damals war er überzeugt: „Die Wissenschaft zeigt aber auch, dass man durchaus aus dieser Misere herauskommen kann.“ Seither schwingen stets zwei Dinge mit, sobald der Physiker seine Stimme erhebt: Optimismus und ein britisch-hamburgisches Klangmosaik.
Geboren ist Hasselmann 1931 in Hamburg, aber bald darauf mit seinen Eltern vor den Nazis nach England emigriert. Dort brachte er sich die Grundlagen der Physik selbst bei – in der örtlichen Bücherei. Mit 18 kehrte er zum Studium nach Hamburg zurück, in eine Stadt in Trümmern und im Aufbruch zugleich. Ihr Interesse an interdisziplinärer Forschung wurde deutlich, als die Universität erst die Abteilung für Theoretische Geophysik, dann das Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) gründete – und beides mit Hasselmanns Namen verband.
Vom Ozean- zum Klimaforscher
Bevor Klaus Hasselmann das neue Max-Planck-Institut leitete, hatte er an Wellen auf Hawaii und in der Nordsee geforscht. Daraus ist ein Modell entstanden, das auch heute noch für Wettervorhersagen verwendet wird. Es steht stellvertretend für Hasselmanns Weg vom Ozean- zum Klimaforscher. Seine zentrale Idee: sich von den chaotischen Details der Wetterbeobachtung zu lösen und nach charakteristischen Mustern des Klimawandels zu fahnden. „Dass der Mensch das Klima ändert, das haben andere schon vor mir Ende der 60er-Jahre gezeigt“, sagt er. Bescheidenheit zeichnet den Wissenschaftler aus, der nie mit einem Nobelpreis für Physik gerechnet habe, wie er betont. Dabei hat er früh ein mathematisches Werkzeug bereitgestellt, mit dem sich die Verantwortung des Menschen für die CO2-Zunahme dingfest machen ließ.
Ein System, zwei Teile
Das „Hasselmann-Modell“ unterscheidet zwischen dem Wetterrauschen mit kurzfristigen Kapriolen und unendlich vielen Dimensionen auf der einen Seite und einer langsameren Klimadynamik mit nur noch wenigen, aber wesentlichen Dimensionen auf der anderen. Im nächsten Schritt entwickelte der Wissenschaftler eine Methode, um natürliche Klimaeinflüsse wie Sonnenlicht oder Vulkanausbrüche aus den Modellen herauszufiltern. Das geschah schon Ende der 1970er Jahre. Es sollte aber noch 15 Jahre mehr und damit bis zur ersten Weltklimakonferenz dauern, bis auch die Datenverarbeitung mit dem Modell Schritt halten konnte. „Ich konnte zeigen, dass die globale Erwärmung mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit menschengemacht ist“, sagt Hasselmann. Ein Vierteljahrhundert später sind aus den 95 nahezu 100 Prozent geworden – eine Zuverlässigkeit, die das Nobelkomitee nun ehrt.
Komplexes Modell, klare Botschaft
Der Mensch ist für den Klimawandel verantwortlich. Das zeigt Hasselmanns statistisches Verfahren somit seit 27 Jahren und noch immer gehört das Deutsche Klimarechenzentrum in Hamburg zu den wichtigsten Werkzeugen der Klima- und Erdsystemforscher. Dennoch steigen die Emissionen weltweit weiter, werden internationale Zusagen, wie sie in Paris abgegeben wurden, nicht eingehalten. „Der Mensch ist es gewohnt, kurzfristig zu reagieren, er denkt nicht über Jahrzehnte“, erklärt Hasselmann. Die Zuversicht will er sich dennoch nicht nehmen lassen. Denn jetzt sei nicht nur das Wissen und die Technik für die Umsetzung da, sondern auch die breite Öffentlichkeit, um die er sich selbst vergeblich bemühte. „Wir waren da als Wissenschaftler etwas zu trocken“, sagt er selbstkritisch und lobt Fridays for Future. „Das haben wir nicht so gut gemacht wie die jungen Menschen heute.“